Unfallversicherung für Pflegepersonen
Rund 80 % der Pflegebedürftigen wird von nahen Angehörigen im eigenen Heim gepflegt. Bei dieser komplexen und teilweise körperlich anstrengenden Arbeit sind Unfälle nicht ausgeschlossen. Um Pflegepersonen Schutz zu bieten und zur häuslichen Pflege zu ermutigen, sind sie während ihrer Pflegetätigkeit unfallversichert. Unter welchen Bedingungen die Versicherung greift, erfahren Sie hier.
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Inhaltsverzeichnis
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Die Unfallversicherung für Pflegepersonen greift nur unter bestimmten Bedingungen. Sie ähneln denen der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Um als Pflegeperson unfallversichert zu sein, müssen die folgenden Voraussetzungen zutreffen:
- Der oder die gepflegten Personen haben mindestens Pflegegrad 2.
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Die Pflege erfolgt nicht erwerbsmäßig, also ehrenamtlich.
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Der Pflegeumfang beträgt mindestens zehn Stunden pro Woche, aufgeteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche.
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Die Pflege erfolgt in häuslicher Umgebung, das heißt, in der Wohnung des Pflegebedürftigen und/oder der Pflegeperson. Auch Wohnungen in Seniorenheimen zählen hierzu.
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Versicherungsschutz der Pflegestufen bleibt bestehen
Die aufgeführten Bedingungen gelten für die am 1. Januar 2017 eingeführten Pflegegrade. Wenn Sie als Pflegeperson bereits davor zu Zeiten der Pflegestufen tätig waren, bleibt ihr Versicherungsschutz bestehen, auch wenn die neuen Voraussetzungen nicht erfüllt werden.
Nicht erwerbsmäßig pflegen bedeutet, dass die Pflegeperson keinen Lohn für ihre Leistung bekommt. Die Pflege erfolgt also ehrenamtlich. Pflegepersonen dürfen dennoch finanzielle Anerkennungen von den Pflegebedürftigen annehmen, indem diese ihnen (anteilig) das Pflegegeld weitergeben. Der Betrag darf jedoch nicht höher sein als das Pflegegeld, dass der Pflegebedürftige jeden Monat erhält. Ist dies der Fall, geht die Pflegekasse von einer erwerbsmäßigen Pflege aus.
Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass man als pflegender naher Angehöriger ein Familienmitglied des Pflegebedürftigen sein muss. Das stimmt nicht. Auch beispielsweise Freunde, Nachbarn und Freiwillige können als nahe Angehörige gelten und somit als Pflegeperson unfallversichert sein. Personen, die zeitweilig etwa im Rahmen der Verhinderungspflege die pflegerischen Tätigkeiten der eigentlichen Pflegeperson übernehmen, sind ebenfalls unfallversichert.
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Unfallversichert im Urlaub
Der Versicherungsschutz besteht auch, wenn die Pflege zeitweilig außerhalb der häuslichen Umgebung erfolgt. Reist eine Pflegeperson gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen in den Urlaub (maximal sechs Wochen lang pro Jahr), ist sie weiterhin unfallversichert.
Was umfasst der Versicherungsschutz?
Grundsätzlich sind pflegerische Tätigkeiten unfallversichert, das bedeutet, Unterstützungen in den sechs Bereichen oder Modulen, die zur Berechnung der Pflegegrade beim Begutachtungsassessment herangezogen werden. Folgende Tabelle bietet eine Übersicht über die Module und erläutert mit allgemeinen Auflistungen und Beispielen, welche Tätigkeiten unfallversichert sind:
Modulnummer |
Modulbezeichnung |
Allgemeine Hilfstätigkeiten |
Unfallversicherte Beispiele |
1 |
Mobilität |
Lagewechsel im Bett, Hilfe beim Aufstehen/Hinsetzen, Fortbewegen in der Wohnung, Treppensteigen |
- Die Pflegeperson hilft dem Pflegebedürftigen beim Treppensteigen und stürzt. - Beim Umbetten verstaucht sich die Pflegeperson die Hand. |
2 |
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten |
Hilfe bei zeitlicher und räumlicher Orientierung, emotionale Unterstützung im Alltagsleben, Gesprächspartner, Hinweisen auf Risiken und Gefahren |
- Ein demenzkranker Pflegebedürftiger benötigt Hinweisschilder zur Orientierung in der Wohnung. Beim Anbringen eines Schildes verletzt sich die Pflegeperson mit einem Bohrer an der Hand. - Zur Erstellung eines Zeitplans für eine demenzkranke Person holt die Pflegeperson Block und Stift. Dabei rutscht sie aus und bricht sich den Arm. |
3 |
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen |
Hilfe bei nächtlicher Unruhe, Beruhigen bei (auto-)aggressivem Verhalten, Überwinden von Ängsten und Antriebsschwächen |
- Ein demenzkranker Pflegebedürftiger geht nachts in den Garten. Um Unfälle zu vermeiden, läuft die Pflegeperson hinterher, stolpert und verletzt sich. - Bei einem gemeinsamen Brettspiel gerät der Pflegebedürftige in Wut und wirft der Pflegeperson das Spielbrett an den Kopf. |
4 |
Selbstversorgung |
Hilfe beim Umziehen, der Körperpflege, Kochen und Darreichen der Nahrung, Hilfe bei Toilettengängen und bei Inkontinenz |
- Die Pflegeperson stürzt im Bad, als sie dem Pflegebedürftigen aus der Dusche hilft. - Ein Pflegebedürftiger ist an Hepatitis A erkrankt. Während der Körperpflege infiziert sich die Pflegeperson. In diesem Fall handelt es sich um eine versicherte Berufskrankheit. |
5 |
Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen |
Hilfe bei Injektionen, Verbandswechsel, Wundversorgung, Begleitung bei Arztbesuchen und Einhalten von Diäten |
Während eines Verbandswechsel einer bettlägerigen Person bleibt die Pflegeperson mit dem Fuß am Bettpfosten hängen und stürzt. |
6 |
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte |
Unterstützung bei der Gestaltung des Tagesablaufs, beim Ausführen von Hobbys, Kontaktpflege zu Freunden und Bekannten |
Die Pflegeperson stützt einen Pflegebedürftigen beim Spazieren im eigenen Garten und verrenkt sich den Rücken. |
Diese Auflistung an Tätigkeiten und Beispielen ist keineswegs vollständig. Sie dienen lediglich zur Orientierung. Pflege ist komplex und erfordert, je nach Selbstständigkeit und Fähigkeiten des Pflegebedürftigen, viele verschiedene Aufgaben. Bei einem Unfall wird stets im Einzelfall geprüft, ob die Tätigkeit für die Pflege nötig war und ob es sich somit um einen versicherten Unfall handelt.
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Wegeunfälle
Die Unfallversicherung schließt auch sogenannte Wegeunfälle mit ein. Das sind beispielsweise Verkehrsunfälle, während die Pflegeperson auf dem Weg zur Wohnung des Pflegebedürftigen ist oder von dort nach Hause fährt. Der Schutz besteht jedoch nur auf direkten Wegen. Werden Zwischenstationen wie Einkaufen für den eigenen Bedarf der Pflegeperson gemacht, verfällt der Versicherungsschutz.
Wie meldet man die Versicherung an?
Werden die oben erwähnten Bedingungen erfüllt, besteht der Versicherungsschutz automatisch mit Aufnahme der Pflegetätigkeit. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Unfallversicherung für Pflegepersonen wird aus Steuermitteln finanziert, weshalb Pflegepersonen auch keine Beiträge zur Versicherung zahlen müssen. Zuständig ist in der Regel die kommunale Unfallkasse, in der der Pflegebedürftige seinen Wohnsitz angemeldet hat, oder der jeweilige Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV).
Die gesetzliche Unfallversicherung tritt auch dann ein, wenn die Pflegeperson eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat. Sie ist unabhängig von solchen weiteren Ansprüchen für jede Pflegeperson zuständig und bietet meist umfassendere Leistungen als private Unfallversicherungen.
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Unfallversicherung bei noch offener Pflegebedürftigkeit
Pflegepersonen sind auch unfallversichert, wenn die Pflegebedürftigkeit noch nicht festgestellt worden ist. Dies ist der Fall, wenn der Antrag auf einen Pflegegrad noch in Bearbeitung ist. In dieser Zeit benötigen pflegebedürftige Personen oftmals bereits Unterstützung. Die Unfallversicherung besteht also auch rückwirkend, wenn durch den Medizinischen Dienst (MD) mindestens Pflegegrad 2 festgestellt wird und die weiteren Bedingungen ebenfalls erfüllt sind.
Sie wollen als pflegender Angehöriger bestens vorbereitet sein? Die folgenden Dokumente sollten Sie kennen:
Welche Tätigkeiten sind nicht versichert?
Aus dem Versicherungsschutz fallen Tätigkeiten heraus, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Pflege stehen. Dies gilt auch, wenn die Unfälle sich in der Wohnung des Pflegebedürftigen ereignen. Repariert beispielsweise die Pflegeperson private Gegenstände des Pflegebedürftigen, die nicht für die Pflege erforderlich sind, besteht kein Unfallschutz für Pflegepersonen. Weiterhin sind etwa Wegeunfälle, die sich auf Umwegen ereignen oder Unfälle bei außerhäuslichen Begleitungen zu kulturellen Veranstaltungen nicht in diesem Rahmen unfallversichert.
Was ist bei einem Unfall zu tun?
Ereignet sich ein Unfall, ist ein sogenannter Durchgangsarzt, auch D-Arzt genannt, aufzusuchen. Durchgangsärzte haben eine besondere Zulassung von ihrem Landesverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und sind spezialisiert auf Arbeits- und Wegeunfälle. Der Unfall wird durch den Durchgangsarzt direkt bei der Unfallversicherung angezeigt. Zuzahlungen zu Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln werden dann ebenfalls von der Unfallkasse übernommen.
Unfälle vermeiden durch Vorsorgemaßnahmen
Nicht alle Unfälle lassen sich vermeiden. Mit bestimmten Vorsorgemaßnahmen ist es aber möglich, mit Fachwissen auf die Pflege vorbereitet zu sein und die Wahrscheinlichkeit von Unfällen zu reduzieren. Wichtig ist hierbei der Besuch von Pflegekursen, in denen pflegende Angehörige unter anderem lernen, wie man sicher pflegebedürftige Personen stützt und hebt, ohne die eigene Gesundheit zu gefährden. Rückenbeschwerden zählen zu den häufigsten Krankheiten von Pflegepersonen. Weiterhin gibt es zahlreiche Hilfsangebote für pflegende Angehörige, die bei psychischen Problemen helfen. Nicht wenige Unfälle passieren durch Konzentrationsschwächen oder anderen Ablenkungen, die den Pflegepersonen nicht aus dem Kopf gehen. Die körperliche und geistige Gesundheit von Pflegepersonen ist essentiell für eine qualitative Pflege, die im Sinne der Pflegebedürftigen ist.
Auch Infektionen, etwa bei der Intimpflege oder wenn der Pflegebedürftige erkrankt ist, lassen sich mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen gut vorbeugen. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch wenn der Pflegebedürftige ein nahes Familienmitglied ist, bei Pflegetätigkeiten Einmalhandschuhe und gegebenenfalls Mundschutz zu tragen und Desinfektionsmittel zu verwenden. Sie werden als „zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel“ bezeichnet. Bis zu einem Warenwert von 40 € monatlich übernimmt die Pflegekasse die Kosten dafür.
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https://www.dguv.de/de/versicherung/versicherte_personen/andere-gruende/pflegepersonen/index.jsp (24.04.2024)
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https://www.bundesgesundheitsministerium.de/soziale-absicherung-der-pflegeperson (24.04.2024)
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https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Broschueren/a401-unfallversicherung-pflege.html (24.04.2024)