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VERSICHERUNG

Unfallversicherung für Pflegepersonen

Erstellt am 26.04.2024 | Marius Damrow
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Rund 80 % der Pflegebedürftigen wird von nahen Angehörigen im eigenen Heim gepflegt. Bei dieser komplexen und teilweise körperlich anstrengenden Arbeit sind Unfälle nicht ausgeschlossen. Um Pflegepersonen Schutz zu bieten und zur häuslichen Pflege zu ermutigen, sind sie während ihrer Pflegetätigkeit unfallversichert. Unter welchen Bedingungen die Versicherung greift, erfahren Sie hier.

Nachaufnahme einer Senioren von schräg hinten, die ein Festnetz-Telefon an ihr Ohr hält.
Bild von Sabine van Erp auf Pixabay

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Die Unfallversicherung für Pflegepersonen greift nur unter bestimmten Bedingungen. Sie ähneln denen der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Um als Pflegeperson unfallversichert zu sein, müssen die folgenden Voraussetzungen zutreffen:

  • Der oder die gepflegten Personen haben mindestens Pflegegrad 2.
  • Die Pflege erfolgt nicht erwerbsmäßig, also ehrenamtlich.

  • Der Pflegeumfang beträgt mindestens zehn Stunden pro Woche, aufgeteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche.

  • Die Pflege erfolgt in häuslicher Umgebung, das heißt, in der Wohnung des Pflegebedürftigen und/oder der Pflegeperson. Auch Wohnungen in Seniorenheimen zählen hierzu.

Nicht erwerbsmäßig pflegen bedeutet, dass die Pflegeperson keinen Lohn für ihre Leistung bekommt. Die Pflege erfolgt also ehrenamtlich. Pflegepersonen dürfen dennoch finanzielle Anerkennungen von den Pflegebedürftigen annehmen, indem diese ihnen (anteilig) das Pflegegeld weitergeben. Der Betrag darf jedoch nicht höher sein als das Pflegegeld, dass der Pflegebedürftige jeden Monat erhält. Ist dies der Fall, geht die Pflegekasse von einer erwerbsmäßigen Pflege aus.

Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass man als pflegender naher Angehöriger ein Familienmitglied des Pflegebedürftigen sein muss. Das stimmt nicht. Auch beispielsweise Freunde, Nachbarn und Freiwillige können als nahe Angehörige gelten und somit als Pflegeperson unfallversichert sein. Personen, die zeitweilig etwa im Rahmen der Verhinderungspflege die pflegerischen Tätigkeiten der eigentlichen Pflegeperson übernehmen, sind ebenfalls unfallversichert.

Was umfasst der Versicherungsschutz?

Grundsätzlich sind pflegerische Tätigkeiten unfallversichert, das bedeutet, Unterstützungen in den sechs Bereichen oder Modulen, die zur Berechnung der Pflegegrade beim Begutachtungsassessment herangezogen werden. Folgende Tabelle bietet eine Übersicht über die Module und erläutert mit allgemeinen Auflistungen und Beispielen, welche Tätigkeiten unfallversichert sind:

Modulnummer

Modulbezeichnung

Allgemeine Hilfstätigkeiten

Unfallversicherte Beispiele

1

Mobilität

Lagewechsel im Bett, Hilfe beim Aufstehen/Hinsetzen, Fortbewegen in der Wohnung, Treppensteigen

- Die Pflegeperson hilft dem Pflegebedürftigen beim Treppensteigen und stürzt.

- Beim Umbetten verstaucht sich die Pflegeperson die Hand.

2

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Hilfe bei zeitlicher und räumlicher Orientierung, emotionale Unterstützung im Alltagsleben, Gesprächspartner, Hinweisen auf Risiken und Gefahren

- Ein demenzkranker Pflegebedürftiger benötigt Hinweisschilder zur Orientierung in der Wohnung. Beim Anbringen eines Schildes verletzt sich die Pflegeperson mit einem Bohrer an der Hand.

- Zur Erstellung eines Zeitplans für eine demenzkranke Person holt die Pflegeperson Block und Stift. Dabei rutscht sie aus und bricht sich den Arm.

3

Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Hilfe bei nächtlicher Unruhe, Beruhigen bei (auto-)aggressivem Verhalten, Überwinden von Ängsten und Antriebsschwächen

- Ein demenzkranker Pflegebedürftiger geht nachts in den Garten. Um Unfälle zu vermeiden, läuft die Pflegeperson hinterher, stolpert und verletzt sich.

- Bei einem gemeinsamen Brettspiel gerät der Pflegebedürftige in Wut und wirft der Pflegeperson das Spielbrett an den Kopf.

4

Selbstversorgung

Hilfe beim Umziehen, der Körperpflege, Kochen und Darreichen der Nahrung, Hilfe bei Toilettengängen und bei Inkontinenz

- Die Pflegeperson stürzt im Bad, als sie dem Pflegebedürftigen aus der Dusche hilft.

- Ein Pflegebedürftiger ist an Hepatitis A erkrankt. Während der Körperpflege infiziert sich die Pflegeperson. In diesem Fall handelt es sich um eine versicherte Berufskrankheit.

5

Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

Hilfe bei Injektionen, Verbandswechsel, Wundversorgung, Begleitung bei Arztbesuchen und Einhalten von Diäten

Während eines Verbandswechsel einer bettlägerigen Person bleibt die Pflegeperson mit dem Fuß am Bettpfosten hängen und stürzt.

6

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Unterstützung bei der Gestaltung des Tagesablaufs, beim Ausführen von Hobbys, Kontaktpflege zu Freunden und Bekannten

Die Pflegeperson stützt einen Pflegebedürftigen beim Spazieren im eigenen Garten und verrenkt sich den Rücken.

Diese Auflistung an Tätigkeiten und Beispielen ist keineswegs vollständig. Sie dienen lediglich zur Orientierung. Pflege ist komplex und erfordert, je nach Selbstständigkeit und Fähigkeiten des Pflegebedürftigen, viele verschiedene Aufgaben. Bei einem Unfall wird stets im Einzelfall geprüft, ob die Tätigkeit für die Pflege nötig war und ob es sich somit um einen versicherten Unfall handelt.

Wie meldet man die Versicherung an?

Werden die oben erwähnten Bedingungen erfüllt, besteht der Versicherungsschutz automatisch mit Aufnahme der Pflegetätigkeit. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Unfallversicherung für Pflegepersonen wird aus Steuermitteln finanziert, weshalb Pflegepersonen auch keine Beiträge zur Versicherung zahlen müssen. Zuständig ist in der Regel die kommunale Unfallkasse, in der der Pflegebedürftige seinen Wohnsitz angemeldet hat, oder der jeweilige Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV).

Die gesetzliche Unfallversicherung tritt auch dann ein, wenn die Pflegeperson eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat. Sie ist unabhängig von solchen weiteren Ansprüchen für jede Pflegeperson zuständig und bietet meist umfassendere Leistungen als private Unfallversicherungen.


Sie wollen als pflegender Angehöriger bestens vorbereitet sein? Die folgenden Dokumente sollten Sie kennen:


Welche Tätigkeiten sind nicht versichert?

Aus dem Versicherungsschutz fallen Tätigkeiten heraus, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Pflege stehen. Dies gilt auch, wenn die Unfälle sich in der Wohnung des Pflegebedürftigen ereignen. Repariert beispielsweise die Pflegeperson private Gegenstände des Pflegebedürftigen, die nicht für die Pflege erforderlich sind, besteht kein Unfallschutz für Pflegepersonen. Weiterhin sind etwa Wegeunfälle, die sich auf Umwegen ereignen oder Unfälle bei außerhäuslichen Begleitungen zu kulturellen Veranstaltungen nicht in diesem Rahmen unfallversichert.

Was ist bei einem Unfall zu tun?

Ereignet sich ein Unfall, ist ein sogenannter Durchgangsarzt, auch D-Arzt genannt, aufzusuchen. Durchgangsärzte haben eine besondere Zulassung von ihrem Landesverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und sind spezialisiert auf Arbeits- und Wegeunfälle. Der Unfall wird durch den Durchgangsarzt direkt bei der Unfallversicherung angezeigt. Zuzahlungen zu Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln werden dann ebenfalls von der Unfallkasse übernommen.

Unfälle vermeiden durch Vorsorgemaßnahmen

Nicht alle Unfälle lassen sich vermeiden. Mit bestimmten Vorsorgemaßnahmen ist es aber möglich, mit Fachwissen auf die Pflege vorbereitet zu sein und die Wahrscheinlichkeit von Unfällen zu reduzieren. Wichtig ist hierbei der Besuch von Pflegekursen, in denen pflegende Angehörige unter anderem lernen, wie man sicher pflegebedürftige Personen stützt und hebt, ohne die eigene Gesundheit zu gefährden. Rückenbeschwerden zählen zu den häufigsten Krankheiten von Pflegepersonen. Weiterhin gibt es zahlreiche Hilfsangebote für pflegende Angehörige, die bei psychischen Problemen helfen. Nicht wenige Unfälle passieren durch Konzentrationsschwächen oder anderen Ablenkungen, die den Pflegepersonen nicht aus dem Kopf gehen. Die körperliche und geistige Gesundheit von Pflegepersonen ist essentiell für eine qualitative Pflege, die im Sinne der Pflegebedürftigen ist.

Auch Infektionen, etwa bei der Intimpflege oder wenn der Pflegebedürftige erkrankt ist, lassen sich mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen gut vorbeugen. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch wenn der Pflegebedürftige ein nahes Familienmitglied ist, bei Pflegetätigkeiten Einmalhandschuhe und gegebenenfalls Mundschutz zu tragen und Desinfektionsmittel zu verwenden. Sie werden als „zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel“ bezeichnet. Bis zu einem Warenwert von 40 € monatlich übernimmt die Pflegekasse die Kosten dafür.


Hilfreiche Hinweise für Angehörige, die die Pflege zuhause erleichtern:

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