Pflegegrad abgelehnt – was nun?
Ist Ihr Antrag auf einen Pflegegrad oder dessen Höherstufung abgelehnt worden? Dies müssen Sie nicht hinnehmen. Ein Widerspruch mit einer aussagekräftigen Begründung wahrt die Chancen, dass Ihr Antrag doch bewilligt wird.
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Inhaltsverzeichnis
Mit dem Antrag auf Bewilligung eines Pflegegrades oder eine Erhöhung des bisherigen Pflegegrades sind auch viele Hoffnungen verbunden. Ein höherer Pflegegrad beispielsweise bedeutet einen größeren Leistungsumfang, der etwa pflegenden Angehörigen die Situation erleichtert. Nicht selten erhalten diese jedoch eine Ablehnung. Geschieht dies aus Ihrer Sicht zu Unrecht, da der aktuelle Pflegegrad nicht dem realen Pflegeumfang entspricht, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Dabei kommt es vor allem auf die inhaltliche Begründung an, mit der gegen die Unzulänglichkeiten des Gutachtens argumentiert wird.
Wann Sie Widerspruch einlegen können
Die Frist für einen Widerspruch beträgt einen Monat nach Erhalt der Ablehnung. Für Privatversicherte gilt diese Frist nicht, ratsam ist jedoch ein zeitnaher Widerspruch. Für folgende Fälle können Sie Widerspruch einlegen:
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Der Antrag für die Bewilligung eines Pflegegrades wurde abgelehnt.
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Der Antrag auf Erhöhung des Pflegegrades wurde abgelehnt.
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Der bewilligte Pflegegrad ist aus Ihrer Sicht zu niedrig.
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Der Pflegegrad wurde aus Ihrer Sicht unverhältnismäßig zurückgestuft.
Prüfen Sie in jedem Fall den Ablehnungsbescheid genau. Verfolgen Sie den Rechenweg der Gesamtpunktzahl, denn auch aufgrund mathematischer Fehler kann ein unpassender Pflegegrad bewilligt worden sein. Fehlt die Rechtsbehelfsbelehrung, also der Hinweis auf Ihr Widerspruchsrecht, verlängert sich Ihre Widerspruchsfrist von einem Monat auf ein Jahr nach Erhalt des Bescheids. Solche formalen Fehler sind jedoch äußerst selten. Weitere formale Fehler, die einen Widerspruch ohne Begründung ermöglichen, sind:
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Der Bescheid enthält keine Begründung für die Ablehnung und kein Gutachten.
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Im Schreiben fehlt eine persönliche Unterschrift oder eine Hinweis auf eine maschinelle Erstellung, die ohne Unterschrift gültig ist.
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Im Bescheid steht kein Hinweis auf den Absender.
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Nur bedingte Erfolgsaussichten bei formalen Fehlern
Legen Sie Widerspruch aus berechtigten formalen Gründen ein, erhalten Sie meist kurz darauf einen korrekten Bescheid mit demselben Ablehnungsergebnis. Nur eine inhaltliche Begründung hilft Ihnen also wirklich weiter.
Ein Widerspruch muss schriftlich formuliert sein und von der pflegebedürftigen Person oder einem Bevollmächtigten unterschrieben sein. Widersprüche per E-Mail sind nicht gültig. Die inhaltliche Begründung müssen Sie nicht sofort einreichen, auch wenn dies ratsam ist. Falls Sie diese nachreichen, sollten Sie sie im Widerspruch bereits erwähnen.
Wenn Sie unsicher sind, wie Sie den Widerspruch am besten formulieren, um keine Angaben zu vergessen, nutzen Sie einfach unsere Vorlage.
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Längere Frist durch anwaltliche Hilfe
Haben Sie die Frist verpasst und möchten dennoch Widerspruch einlegen, hilft Ihnen ein Anwalt mit einer Klage gegen den Bescheid weiter. Auf diese Weise ist eine Anfechtung gegen alle Bescheide der Pflegekasse bis zu 4 Jahre rückwirkend möglich.
Den Widerspruch begründen
Lassen Sie sich durch einer Ablehnung nicht entmutigen. Wenn Sie wirklich der Überzeugung sind, dass beispielsweise der aktuelle Pflegegrad nicht den Bedarf des Pflegebedürftigen widerspiegelt, lohnt es sich, diesen Weg zu gehen. Nicht selten kommt es vor, dass ein Gutachten nur deswegen besser ausfällt und daher die Pflegesituation nicht korrekt abbildet, weil der Pflegebedürftige beim Termin in guter Tagesverfassung war. Der Gutachter kann nur den Moment beurteilen, Sie jedoch kennen die pflegebedürftige Person und ihren allgemeinen Zustand besser. Aus diesem Grund ist es wichtig, objektive Schriftzeugnisse etwa vom Hausarzt, dem Pflegepersonal oder einem Pflegeberater vorweisen zu können. Es besteht auch die Möglichkeit, ein unabhängiges Gutachten erstellen zu lassen. Dieses müssten Sie dann jedoch selbst bezahlen.
Um eine aussagekräftige Begründung für den Widerspruch zu formulieren, ist es notwendig, das erstellte Gutachten aufmerksam zu lesen und zu verstehen. Haben Sie kein Gutachten erhalten, fordern Sie es an oder legen Widerspruch aus formalen Gründen ein, wie oben beschrieben. Falls Sie andere Betroffene kennen, die schon einmal einen Widerspruch eingelegt haben, lohnt es sich, sich mit ihnen auszutauschen, um eine überzeugende Begründung zu formulieren. Fragen Sie am besten auch einen Pflegeberater oder suchen Sie kostenlose Hilfe bei einem der mehr als 450 Pflegestützpunkte in Deutschland.
Jedes Detail des Gutachtens kann hierbei entscheidend sein. Besonders Aspekte der Selbstversorgung, sprich Modul 4 des Gutachtens, sind wichtig, denn diese Punktzahl fließt zu 40% in die Gesamtbewertung ein. Das ist bei Weitem der höchste Anteil und kann vom Gutachter, der nur einen kurzen Moment bewertet, nicht immer korrekt wahrgenommen werden. Aus diesem Grund ist ein Pflegetagebuch von besonderer Bedeutung und lässt eine objektivere Beurteilung zu. Gehen Sie bei Ihrer Begründung ins Detail und beziehen Sie sich auf Aspekte des Gutachtens, die Ihrer Meinung nach nicht die Realität der Pflegesituation widerspiegeln. Je ausführlicher und konkreter die Formulierungen sind, desto größer ist die Chance, dass der Widerspruch zum Erfolg führt.
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Besonders wichtig: Das Modul 4
Das Modul 4 „Selbstversorgung“ umfasst wichtige Tätigkeiten des Alltags. Damit ist etwa gemeint, ob und inwieweit die pflegebedürftige Person selbstständig zur Toilette gehen, sich waschen, sich anziehen sowie essen und trinken kann. Je nach dem, wann der Begutachtungstermin stattgefunden hat, kann es sein, dass der Gutachter diese Aspekte anders wahrgenommen hat als sie tatsächlich sind.
Was passiert nach dem Widerspruch?
Nach dem Widerspruch bestätigt die Pflegekasse zunächst deren Erhalt. Insgesamt hat sie anschließend drei Monate Zeit, Ihr Anliegen zu prüfen. Dabei erstellt sie ein Zweitgutachten. Dies kann aus einer Neubewertung anhand der Akteneinsicht inklusive Ihrer Begründung des Widerspruchs sein oder auch ein weiterer Begutachtungstermin. Ist dies der Fall, achten Sie darauf, dass die Pflegekasse nicht denselben Gutachter erneut schickt. Dies ist nicht zulässig; das Zweitgutachten muss von einem anderen Gutachter erstellt werden. Der Zweck dahinter ist, dass das Zweitgutachten unabhängig von bisherigen Beurteilungen vorgenommen werden soll. Auf diesen Termin bereiten Sie sich am besten wie auf bisherige Begutachtungstermine vor: Halten Sie alle relevanten Dokumente bereit und unterbrechen Sie keine Routinen.
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Möglichkeit einer Untätigkeitsklage
Überschreitet die Pflegekasse ihre Bearbeitungsfrist von drei Monaten, besteht die Möglichkeit, eine Untätigkeitsklage einzureichen.
Im Erfolgsfall erhält die pflegebedürftige Person rückwirkend bis zum Erstantrag beziehungsweise dem Tag der Höherstufung die Leistungen des nun bewilligten Pflegegrades ausbezahlt. Dieser Bescheid wird Abhilfe genannt. Führt der Widerspruch nicht zum Erfolg, bleibt noch die Möglichkeit, Klage beim Sozialgericht einzureichen. Hierbei gilt ebenso die Frist von einem Monat nach Erhalt des Widerspruchbescheids und die Unwirksamkeit der Klageeinreichung per E-Mail.
Dauer des Verfahrens
Die Gesamtdauer des Widerspruchsverfahrens kann nicht genau angegeben werden. Es hängt im Einzelfall vom Arbeitsaufwand ab. Fest steht jedoch, dass hartnäckige Gerüchte um mehrjährige Verfahren nicht richtig sind. Durch die genau geregelten Bearbeitungsfristen darf dieses Verfahren insgesamt nicht länger als vier Monate von der ersten Ablehnung bis zum zweiten Bescheid durch die Pflegekasse dauern. Scheuen Sie sich deshalb nicht, Widerspruch einzulegen, wenn Sie sich im Recht fühlen.