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PFLEGERECHT

Elternunterhalt – Verpflichtung der Kinder

Erstellt am 11.09.2023 | Joanna Gründel
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Wenn Sie oder Ihre Eltern pflegebedürftig werden, können Sie Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Reichen Rente, Pflegegeld und sonstige Einkünfte nicht aus, um die Pflegekosten zu decken, kann das Sozialamt die Kosten übernehmen. In einigen Fällen können die Kinder der pflegebedürftigen Person zum Elternunterhalt verpflichtet werden.

Eine Seniorin, in ihrem Garten sitzend, begrüßt ihre Tochter, die sie besucht.
Foto von Andrea Piacquadio auf pexels.com

Beim Elternunterhalt geht es um die finanzielle Verantwortung erwachsener Kinder für ihre bedürftigen Eltern. Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Berechnung des Elternunterhalts ist ab dem 1. Januar 2020 eine Einkommensgrenze von einem Bruttojahresgehalt in Höhe von 100.000 Euro. Sollten Sie weniger verdienen, müssen Sie nicht einspringen und stattdessen würde das Sozialamt die Kosten übernehmen.

Neue Regeln durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde der Elternunterhalt neu geregelt, um Angehörige finanziell zu entlasten. Bis Ende 2019 mussten Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen, wenn sie als

  • Alleinstehende monatlich mehr als 1.800 Euro netto oder
  • 3.240 Euro als Verheiratete zur Verfügung hatten.

Doch seit dem 1. Januar 2020 hat sich die Situation durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz deutlich verbessert. Die Neuregelung entlastet Angehörige finanziell und schont ihr Vermögen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  1. Sofern das Vermögen des zu pflegenden Familienmitglieds nicht ausreicht, besteht eine Unterhaltspflicht gegenüber Verwandten ersten Grades, jedoch erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro.

  2. Wenn Sie Vermögen besitzen, aber unter der Bruttoeinkommensgrenze verdienen, sind Sie ebenfalls nicht unterhaltspflichtig.

  3. Das Gehalt der Schwiegerkinder wird bei der Berechnung des Elternunterhalts nicht mehr berücksichtigt.

Diese Neuregelung gilt nicht nur für Kinder von pflegebedürftigen Eltern, auch Eltern pflegebedürftiger Kinder profitieren von ihr.

Wer fällt nicht unter das Angehörigen-Entlastungsgesetz?

Das Gesetz gilt nicht, wenn Ehegatten einander Unterhalt leisten müssen. Dies ist der Fall, wenn der pflegebedürftige Ehepartner in ein Pflegeheim geht und der andere zu Hause bleibt. In diesem Fall ist der zu Hause bleibende Ehegatte verpflichtet, sich an den Heimkosten zu beteiligen.

Der Gesetzgeber sieht hier keine Entlastung vor, da die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft eine besondere gegenseitige Einstandspflicht begründet. Ehe- oder Lebenspartner sind daher auch dann unterhaltspflichtig, wenn ihr Einkommen unter der Grenze von 100.000 Euro liegt. In diesem Fall müssen die Partner neben ihrem Einkommen auch ihr Vermögen einsetzen.

Nach § 90 SGB XII besteht jedoch ein Schonvermögen in Höhe von 5.000 Euro. Der gleiche Betrag gilt auch für den Lebensgefährten, so dass sich insgesamt ein anrechnungsfreies Vermögen von 10.000 Euro ergibt. Als Schonvermögen gilt auch ein angemessener Betrag, der im Rahmen eines Bestattungsvorsorgevertrages zweckgebunden für die eigene Bestattung und Grabpflege angelegt wurde. Nur wenn Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, springt das Sozialamt ein.


Finanzielle Vorsorge ist das A und O:


100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen – muss ich jetzt zahlen?

Wie bereits erwähnt, sind Kinder, die unter die Einkommensgrenze von 100.000 Euro Bruttojahreseinkommen fallen, nicht unterhaltspflichtig. Alle, die darüber liegen, müssen zahlen, sobald ein Sozialhilfeträger den Anspruch geltend macht.

Aber auch hier gibt es eine Ausnahme: Wenn Eltern sich im Laufe ihres Lebens gegenüber ihrem Kind oder ihren Kindern schuldig gemacht haben, haben sie einen geringeren oder gar keinen Unterhaltsanspruch. Als Verfehlungen gelten hier Misshandlungen oder grobe Vernachlässigungen, die in der Zeit begangen wurden, in der sie noch für ihre Kinder verantwortlich waren. Ein bloßer Kontaktabbruch gilt in der Regel nicht als Fehlverhalten und hat daher keine Auswirkungen. In solchen Fällen können Sie mit Hilfe eines Rechtsanwalts Widerspruch einlegen. Dies ist auch möglich, wenn Sie nachweisen können, dass der betroffene Elternteil seine Armut selbst verschuldet hat, z. B. durch Spielsucht, Drogen- oder Alkoholmissbrauch.

Wie wird der Unterhalt errechnet?

Wenn sich das Sozialamt bei Ihnen meldet, müssen Sie Auskunft über Ihre Einkommensverhältnisse geben. Der Elternunterhalt wird dann im Einzelfall berechnet. Zunächst wird das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen ermittelt. Dabei werden alle Einkünfte berücksichtigt, die der Unterhaltspflichtige erzielt, wie zum Beispiel Gehalt, Mieteinnahmen, Kapitalerträge oder auch Renten.

  • Angestellte geben ihr Gehalt der letzten 12 Monate als Gesamtsumme an

  • Selbständige addieren ihr durchschnittliches Nettoeinkommen der letzten drei bis fünf Jahre

Von diesem Nettoeinkommen werden zunächst bestimmte Beträge wie Werbungskosten oder Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. Danach wird der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt. Dieser beträgt in der Regel 2.000 Euro monatlich, kann aber je nach Einzelfall variieren.

  • Alleinstehend: monatlich mind. 2.000 € Selbstbehalt inkl. 700 € für die Warmmiete

  • Verheiratet: 1.600 € monatlich kommen durch den Ehepartner dazu

  • Für Familien mit Kindern: 3.600 € pro Monat

Liegt das bereinigte Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen über dem Selbstbehalt, kann das verbleibende Einkommen zur Zahlung von Elternunterhalt herangezogen werden. Dabei wird die Hälfte des verbleibenden Betrages monatlich als Unterhalt einbehalten. Letztlich ist zu beachten, dass die Berechnung des Elternunterhalts immer von verschiedenen individuellen Faktoren abhängt und daher von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen kann.

Beispielrechnung:

  • Maria, Single, kinderlos verdient 12.000 € brutto im Monat (144.000 € im Jahr)

  • Auf dem Konto liegen netto 6.900 €

  • Nach Bereinigung um zulässige Abzüge bleibt das relevante Einkommen von 6.200 €

  • Nach Selbstbehalt (2.000 €) bleiben 3.200 €

  • Von diesen 3.200 € muss Maria 50 %, also 1.600 € an Elternunterhalt zahlen

Was geschieht, wenn mehrere Kinder vorhanden sind?

Zunächst wird geprüft, ob eines der Kinder ein jährliches Bruttoeinkommen von 100.000 Euro oder mehr hat. Es kann also sein, dass ein Kind zahlen muss und das andere nicht. Überschreiten mehrere Kinder diese Grenze, wird zuerst berechnet, wie viel Unterhalt jedes Kind anteilig nach seinen individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu zahlen hat. Dabei wird die Unterhaltspflicht nicht einfach durch die Anzahl der Kinder geteilt, sondern nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kinder aufgeteilt. Dies kann dazu führen, dass Geschwister mit höherem Einkommen einen höheren Anteil an Unterhalt zahlen müssen als Geschwister mit geringerem Einkommen.

Meine Eltern möchten aber gar nicht, dass ich zahle

Viele ältere Menschen wollen ihre Kinder finanziell nicht belasten und verzichten deshalb auf Elternunterhalt. Diese Entscheidung ist jedoch nicht möglich, wenn sie wegen Pflegebedürftigkeit auf finanzielle Hilfe angewiesen sind und die Kosten nicht selbst tragen können. In diesem Fall können die Eltern ihre Kinder nicht von der Unterhaltspflicht befreien. Sind die Kinder unterhaltspflichtig, muss der Staat den Unterhalt einfordern. Es ist auch nicht möglich, Vereinbarungen oder Abfindungen zu treffen, die die Zahlungen verringern würden. Ein Verzicht auf Elternunterhalt ist nur dann möglich, wenn die Eltern aus früheren Unterhaltszahlungen Rücklagen gebildet haben.

Zuletzt geändert am 20.02.2024

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